Mittwoch, 23. Mai 2012

Wie Leben aus dem Freudebecher glänzte die bräunliche Stinkewelle nun wirklich nicht.

Seit ich mir angewöhnt habe, das Haus nur noch mit einer Kamera in der Tasche zu verlassen, fühle ich mich irgendwie halblebig wenn ich dann doch mal ohne unterwegs bin. Und diese Halblebigkeit dauert nun schon bald wieder 2 Wochn an, weil sich nämlich meine liebreizende Tochter mein gutes Stück unerlaubterweise einfach geschnappt und an den Bodensee entführt hat.  Und meine kleine Hosentaschen-Digicam wurde ja von meinem Söhnchen außer Gefecht gesetzt. (u.a Aifon hob i koans)

Der Blick auf die Welt ist einfach ein anderer, wenn man sie mit einer Kamera ins "Visier" nimmt. Andererseits hat eine gute Freundin von mir aus genau diesem Grund das fotografieren irgendwann ganz aufgegeben. Sie meinte sie könne nicht mehr unterwegs sein, ohne ständig alles Gesehene einfangen und irgendwie verwerten zu wollen. Ist schon so und merkwürdigerweise habe ich auf meinen Reisen und in Asien kaum Fotos gemacht, vermutlich weil ich nicht als Tourist unterwegs sein wollte. Auch in der Natur verspüre ich dieses Ablichtungsdedürfnis eher selten. Am schmerzlichsten vermisste ich mein drittes Auge bei meiner letzten Tour durch die Altstadt, boten sich mir dort die skurilsten Motive und Begegnungen, ein Jammer dass ich das nicht festhalten konnte. Ich spiele sogar schon mit dem Gedanken, demnächst auch noch mit einem Tonaufnahmegerät loszumarschieren, um ein paar dieser einmaligen Gesprächsfetzen aufzunehmen, die sich mir hier überall darbieten. Ha, da fällt mir dieser "Kameramann" aus Überlingen ein, ein Asiate, angeblich aus Vietnam, auch wenn viele ihn klischeeverhaftet "den Japaner" nennen. Jeder in Überlingen kennt ihn vom Sehen aber kaum jemand hat je mit ihm gesprochen.  Er ist immer allein unterwegs, wandert jeden Tag durchs Städtchen mit einer Megaausrüstung an technischen Geräten um den Hals, Apparaturen, die man gar nicht genau einzuordnen weiß, riesige Fotokameras und Tonaufnahmegeräte. Ich wollte diesen Menschen immer schon mal intereviewen und seine Geschichte kennenlernen, hat sich aber leider nie ergeben. Nun traf ich ihn kürzlich zufällig hier in Stuttgart, auf einer Demo. Freudig ging ich direkt auf ihn zu und sprach ihn an, gab kund, dass ich ihn aus Überlingen kannte und schon immer gerne mal wissen wollte, was er mit seinen Apparatschaften eigentlich so anstellte..Er schien aber sehr schüchtern und wenig gesprächslustig zu sein, meinte nur, er verstehe mich nicht und spreche nur francaise

In jedem Fall hilft mir die Kamera, die Stadt hier, zu der ich immer ein sehr ambivalentes Verhältnis hatte, neu zu entdecken und kennen zu lernen und ja - man glaubt es kaum - sie sogar zu lieben!

"Sprache der Liebenden Sei die Sprache des Landes"

Dieser Höderlin verfolgt mich.

Nun waren meine Entzugserscheinungen gestern so groß, dass ich mich zusammen mit meinem Söhnchen und dem defekten Kleinknipser auf den Weg ins Wangener Industriegebiet machte, denn dort befindet sich eine kleine Werkstatt, die sich aufs Reparieren von Fotoapparaten spezialisiert hat.

Wir fuhren mit der U-9 bis zur Haltestelle "Im Degen"  und nahmen dann Kurs in die Richtung, in welcher früher einmal das Theaterhaus ansässig war. Leider konnte mir der freundliche Spezialist dort aber, wie befürchtet, nicht weiterhelfen, die Kosten für die Reparatur hätten den Kaufpreis des Geräts noch übertroffen. Aus diesem Grund muss dieser Beitrag nun leider auch gänzlich ohne Bebilderung auskommen.

So und weil wir jetzt schon mal hier in der Gegend waren und ich mich in diesen schönen Tagen schon auch hin u. wieder mal nach dem schönen Bodensee u. dem herrlichen Rheinufer sehne (an welchem wir die letzten 10 Jahre lebten), dachte ich, wir könnten uns nun auch endlich mal ans Neckarufer begeben, denn es ist hier in der Stadt tatsächlich so, wie Joe Bauer sagt;
"In Stuttgart beschäftigt sich kaum einer mit seinem Fluss. Es sei denn, es gibt die Hoffnung, in seinem Namen Geschäfte zu ­machen wie im Neckarpark, auch wenn bis heute keiner weiß, warum der so heißt."
Was vermutlich mitunter vor allem daran liegt, dass man diesen Fluss vom Kessel aus weder rauschen noch plätschern hört und ihn auch nicht mal eben so vor die Linse bekommt.

Nachdem wir erst versucht hatten, auf direktem Luftlinienweg vom "Viehwasen" ans Ufer vorzudringen u. immer wieder vor irgendeine Mauer rannten, klärten uns  freundliche Passanten darüber auf, dass wir auf diesem Wege nicht ans Gewässer rankämen und erstmal weiter nach Untertürkheim laufen müssten. Gesagt getan und anfänglich  noch "Wo ist der Neckar, Wo ist der Neckar" singend, wurde mein Sohn dann doch ziemlich schnell müde, was vermutlich der doch eher tristen Wegstrecke geschuldtet war. Endlich erreichten wir dann eine Treppe die von der Neckarbrücke runter zum Flußufer führte, und landeten direkt an einer stinkenden, verschlackten Schleuse neben der B10.

Immerhin, wir waren am Fluss, wir waren am Neckar! Und frühestens am 24 Juni werde ich mich dort auch wieder einfinden, dann aber am Hafen und mit meiner Kamera!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen